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Auswirkungen der Jagdbarkeit auf Birkhuhn, Alpen-schneehuhn, Waldschnepfe, Feld- und Schneehase

04.04.2022

Es liegt nicht im Interesse der Jäger, Arten durch die Jagd zu gefährden. Hingegen ist es eine Tatsache, dass gewisse jagdbare Arten in unserer intensiv genutzten Kulturlandschaft unter Druck geraten – und dies nicht durch die Jagd. Die Jagdverbände und Jäger in der Schweiz engagieren sich seit vielen Jahren personell und finanziell für die Förderung jagdbarer Arten und deren Lebensräume. Was oft vergessen geht, dass die Jäger mit ihren Pachtzinsen, Patent- und Jagdpassgebühren das Monitoring der jagdbaren Arten aber auch die Wildhut und Forschung in den meisten Kantonen finanzieren oder zumindest mitfinanzieren. Es ist klar festzustellen, dass wenn jagdbare Arten Eidgenössisch geschützt werden, diese aus dem Fokus und der finanziellen Verantwortung der Kantone fallen. Man müsste sich in diesem Falle fragen, ob die Gegner der Jagdbarkeit bereit wären, aus ihrer eigenen Kasse diese Leistungen zu übernehmen – wahrscheinlich nicht!

Bestimmte Arten werden nur in sehr wenigen Kantonen – dort wo die Bestände es erlauben – bejagt und die Bejagung ist reguliert und überwacht. Dies zeigt grundsätzlich, dass die Kantone die Verantwortung gegenüber den Wildtieren sehr gut wahrnehmen. Sie können jederzeit eine Art von der Jagd ausnehmen, wenn es die regionalen Bestände nicht mehr erlauben resp. sie wieder zur Jagd zulassen, wenn dies begründet möglich ist.

Nun wächst der politische und ideologische Druck, die jagdbaren Arten Birkhuhn, Alpenschneehuhn, Waldschnepfe Feldhase und Schneehase gesamtschweizerisch unter Schutz zu stellen. Generelle Unterschutzstellungen müssen aber sorgfältig geprüft werden, denn eine Tierart kann auch von ihrer Jagdbarkeit profitieren. So bemühen sich Jägerschaft und Jagdbehörden besonders um den Erhalt und die Erforschung jagdbarer Arten.

 Die von JagdSchweiz bei Wildtier Schweiz in Auftrag gegebene Arbeit setzte sich zum Ziel, neutral Erfahrungen aus den Kantonen und wissenschaftliche Untersuchungen zusammenstellen, um eine fundierte Diskussion über den geeigneten Schutz dieser aktuell jagdbaren Arten in der Schweiz zu ermöglichen.

 Inwiefern die Jagd Birkhuhn und Alpenschneehuhn bedroht, ist nach wie vor umstritten und lokal unterschiedlich. Die Bestände des Birkhuhns sind schweizweit stabil bis leicht zunehmend, jene des Schneehuhns stabil bis leicht abnehmend. Der Hauptgrund der Gefährdung ist der Verlust von geeignetem Habitat durch Klimaerwärmung, Lebensraumveränderung sowie Störung. Untersuchungen (z.B. im Kanton Tessin oder in Island) zeigten, dass eine zu starke Bejagung zu einer additiven Mortalität führte. Mit einem angepassten Jagdmanagement konnten aber die Bestände wieder erhöht oder das Geschlechtsverhältnis korrigiert werden. Eine nachhaltige Jagd war danach möglich.

 Wegen ihren ausgeprägten und häufig unvorhersehbaren Populationsschwankungen sind Raufusshühner anfällig gegenüber Übernutzung. Es ist deshalb wesentlich, die Bestände im Rahmen der Jagdplanung laufend zu überwachen und die Jagd so auszurichten, dass sie sowohl lokal wie auch national nachhaltig ist. Beispielsweise überwacht der Kanton Graubünden regelmässig die Bestände und erhebt Daten von erlegten Tieren. So kann der Einfluss der Jagd überwacht und insbesondere auch weiteres Wissen über die Arten und deren Schutz generiert werden.

Um die einheimischen Schnepfen zu schonen, könnte der Beginn der Jagdperiode nach den Migrationshöhepunkt, verschoben werden. In der Revision zum Eidg. Jagdgesetz war eine Verschiebung des Jagdbeginns auf Mitte Oktober vorgesehen.

Ausserdem können Einschränkungen bei den Abschüssen und kantonale Schongebiete die heimische Brutpopulation weiter schützen. In Frankreich und Spanien führte die unreglementierte Jagd auf Waldschnepfen zu einer additiven Mortalität. Im Kanton Tessin, von wo der grösste Teil der Schweizer Schnepfenstrecke stammt (ca. 1400 von total ca. 1800 Schnepfen), nehmen die Schnepfenbestände hingegen weiterhin zu. Die Erhaltung und Entwicklung von geeigneten Biotopen für die Waldschnepfe, werden im Rahmen verschiedener Projekte von Jägern gefördert.

Der starke Rückgang der Feldhasenpopulation lässt sich weitgehend auf die Intensivierung der Landwirtschaft zurückführen. Allerdings deuten Untersuchungen darauf hin, dass Bestände, die wegen der intensivierten Landwirtschaft oder der verstärkten touristischen Nutzung abnehmen, auch sensibler sind für andere Faktoren. In der Schweiz wird der Feldhase deshalb primär in höheren Lagen mit weniger intensiv genutzten Landwirtschaftsflächen bejagt. In diesen Gebieten sind die Bestände stabil oder nehmen leicht zu. Dies belegen z.B. Beobachtungen im Rahmen von Hirschzählungen sowie Fallwildzahlen. Auswertungen zum Aufwand, um einen Hasen zu erlegen (Jagdeffort) sowie die Bestimmung des Jungtieranteils an der Strecke und somit der Reproduktionsleistung helfen die Nachhaltigkeit der Jagd zu überwachen. Zu erwähnen sind sicher auch die regionalen Unterschiede. Lokal können die Feldhasenbestände so gross sein, dass sie beträchtliche Wildschäden an landwirtschaftlichen Kulturen und Obstanlagen verursachen (z.B. Kanton VD).

Wissenschaftliche Studien über den Einfluss der Jagd auf Schneehasenpopulationen im Alpenraum sind keine bekannt. Auch Daten aus dem Norden Europas sind spärlich. Informationen aus der Jagd sind vielerorts die einzigen Hinweise über den Bestand der Schneehasen und deren Verbreitung. Eine bessere Überwachung der Schneehasenbestände wäre nötig, um den Einfluss der Jagd aber auch des Klimawandels oder der Hybridisierung mit Feldhasen beurteilen zu können. Daten von erlegten Tieren sowie Beobachtungen während der Jagd helfen, dieses Wissen über den Schneehasen zu vermehren und einen geeigneten Schutz zu erlangen.

Für alle fünf Arten muss der Einfluss der Jagd auf den Bestand sorgfältig überwacht werden, d.h. mit nachvollziehbaren Methoden wie Bestandszählungen oder Schätzungen des Jagd-Aufwands. Dies sowohl auf lokaler wie auch auf nationaler Ebene. Denn so kann ein allfälliger negativer Einfluss frühzeitig erkannt und gezielt behoben werden.

In den Diskussionen um den geeigneten Schutz einer gewissen Art sollen auch die Leistungen der Jägerschaft zugunsten dieser Art beurteilt werden – Leistungen, die unter Umständen bei einer Unterschutzstellung wegfallen würden. Diese beinhalten Lebensraumaufwertungen, Bestandserhebungen, Datenlieferung für eine verbesserte Artkenntnis, sowie finanzielle Beiträge via Patent- oder Pachtzinsen, Spenden und Mitgliedschaften, durch die Artenschutz- und Forschungsprojekte finanziert werden. Dies hielt auch die IUCN (Weltumweltverband) in ihrer Charta folgendermassen fest: „Die Nutzung wildlebender Ressourcen stellt, soweit sie nachhaltig erfolgt, ein wichtiges Instrument zur Erhaltung der Natur dar, da die durch eine solche Nutzung erzielten sozialen und wirtschaftlichen Vorteile dem Menschen Anreize geben, diese zu erhalten“.

Zusammenfassend ist es wichtig, die positiven und negativen Auswirkungen der Jagdbarkeit sorgfältig abzuwägen. Eine fundierte Datengrundlage, eine offene Kommunikation und die Zusammenarbeit verschiedener Akteure sind der Schlüssel, um sich auf die geeigneten Schutzmassnahmen der jeweiligen Arten zu einigen.

Simon Meier, Geschäftsleiter Wildtier Schweiz

David Clavadetscher, Geschäftsführer JagdSchweiz